Kann man ein ganzes Zimmer wie ein Rücksack mit sich tragen? Sicher nicht. Dass man ein Zimmer wie einen Rucksack vor die Fenster bestehender Häuser hängen kann, zeigt das Kunstprojekt von Stefan Eberstadt. Häufig besteht Wöhnungsbau aus glatten Häuserfronten mit normierten

Grundrissen. Das Rucksackhaus ist ein Vorschlag, die Wohnqualität

individuell zu verbessern und dabei die Grenze zwischen Architektur und

Kunst auszuloten. Schalungstafeln als Verkleidung, die ungewöhnliche

Anordnung der Fenster sowie die archaisch wirkende Art der Aufhängung

weisen den Anbau demonstrativ als Fremdkörper aus: Wie ein Rucksack

hängt der holzverkleidete Stahlkäfig aus Vierkantrohren an Stahlseilen,

die zweimal umgelenkt über das Dach des bestehenden Gebäudes laufen und

in der rückwärtigen Fassade verankert sind. Ein Autokran hebt den Würfel

in Position, um vier Dorne in die dafür gebohrten Löcher in der Fassade

einzuführen. Noch am Kran hängend erfolgt die Abspannung. Im Innern

entsteht ein »schwebender Lichtraum« außerhalb der Begrenzung der

eigentlichen Wohnung. Das angehängte Zimmer ragt in den öffentlichen

Raum hinein, bietet von fünf Seiten Einblicke von außen und bleibt doch

privat. Die Innenausstattung macht keine Vorgaben für eine konkrete

Nutzung, Wandflächen lassen sich zu einer Liegeplattform, einem Tisch

und einem Hocker ausklappen. Als temporäre Ausstellungsinstallation an

der ehemaligen Baumwollspinnerei in Leipzig realisiert, verzichtete man

auf eine Wärmedämmung. Aufgrund der vorhandenen Altbausubstanz wurden

zusätzliche statische Vorkehrungen ergänzt. Weitere Stationen des

Rucksackhauses waren die plan05 in Köln, die Zeche

Zollverein in Essen sowie die Architekturbiennalen in Venedig und São

Paulo.