Auf Tuchfühlung mit dem Konzept »Serpentine«: Seit die Naomi Milgrom Foundation die Idee eines jährlich wechselnden temporären Pavillons nach Melbourne importiert hat, dürfen Besucher der Queen Victoria Gardens jeden Morgen um Punkt acht Uhr ein faszinierendes Schauspiel erleben. Wie eine Blüte, die nach Sonne dürstet, entfaltet sich dann die Gebäudehülle des ersten »MPavilion« und verwandelt den Landschaftspark in einen Ort der Leichtigkeit und Zerstreuung. Mit ihren weitläufigen Rasenflächen und künstlichen Wasserbecken ist die Anlage ein Musterbeispiel für Gestaltung im Sinne der »Picturesque«-Bewegung. Deren ästhetisches Ideal erprobte im späten 18. Jahrhundert die Signalwirkung von Landschaft und Architektur als aufregendes Wechselspiel. Welche Umgebung könnte besser geeignet sein für ein Objekt, dessen spielerische Erscheinung sich mit den Tageszeiten wandelt und dabei die Launen des Wetters berücksichtigt?

Dem Urbedürfnis nach Schutz begegnet der Pavillon von Sean Godsell mit baukonstruk­tiver Raffinesse. Das quadratische Raster der leichten Stahlkonstruktion erstreckt sich über eine Grundfläche von 12 x 12 Metern. Reflektierende Paneele aus transluzentem Aluminiumgewebe hüllen sowohl das gläserne Dach als auch die offenen Seitenwände ein. Am Morgen klappen alle 45 Einzelelemente mittels Druckluft vollautomatisch auf und generieren einen metallisch flirrenden, räumlichen Teppich, der das Sonnenlicht auf ein verträgliches Maß dimmt. Der Verwandlungsprozess folgt einer heiter beschwingten Choreografie, die im Laufe des Tages unterschiedliche Figuren ausbildet. Am Abend schließen sich die Paneele und verwandeln die ephemere Form zurück in eine greifbare, minimalistische Box. Noch bis zum 1. Februar 2015 können jeweils bis zu maximal 100 Personen die vielfältigen Lesungen und Konzerte im »MPavilion« ­besuchen. Danach soll er in den Besitz der Stadt Melbourne übergehen und an einen festen Standort überführt werden. (Peter Popp)