Diskussion: Fragmente einer Sprache der Liebe – Brasilianische Architektur und Stahlbeton

© Leonardo Finotti
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Der Titel eines brasilianischen Hochbau-Lehrbuchs für Studenten im Grundstudium »Concreto armado: eu te amo« (»Stahlbeton: Ich liebe dich«) veranschaulicht die innige Beziehung zwischen diesem Baustoff und der zeitgenössischen Architektur in Brasilien.

Entgegen der Tatsache, dass das Land gegenwärtig zweitgrößter Eisenerz-Produzent der Welt ist, wird in Brasilien wenig mit Stahl gebaut; das Interesse von Regierung, Bergwerksgesellschaften und Stahlkonzernen richtet sich eher auf den Export als darauf, die inländische Nachfrage der Bauindustrie zu decken. Daher verhindern Steuern, Gesetzgebung und hohe ­Preise die Verwendung von Metall- und Stahlbauelementen in größerem Maßstab. Andererseits besitzt der südamerikanische Gigant Wälder und damit Holz im Überfluss, doch das Material wird, zur Freude der ­Umweltschützer, kaum für Bauwerke eingesetzt (was die Verwendung von Holz für weniger hehre Zwecke nicht ausschließt). Es gibt zwar talentierte brasilianische Planer, die sich auf Holz- und Stahlbau spezialisieren, doch aufgrund der Popularität des Stahlbetons fristen diese eher ein Schattendasein.

Dennoch war die leidenschaftliche Beziehung zwischen brasilianischer Architektur und Stahlbeton keine Liebe auf den ersten Blick. Erst nach einem 30 Jahre währenden Flirt sprang der Funke über und verband architektonische Expression mit baukonstruktiver Tektonik. Es ist schwierig, das Geheimnis hinter dieser Verbindung rational zu begründen, aber es gibt einige Faktoren, die zum Verständnis der Bestimmung füreinander beitragen. Zunächst traf eine Vielzahl preiswerter Arbeitskräfte zur Realisierung von Schalungs- und Armierungsarbeiten mit der aufblühenden brasilianischen Bauindustrie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammen und trug zur Entwicklung der Industrialisierung im Bausektor bei. Zum Zweiten begünstigt das Fehlen von Erdbeben in Brasilien die Ausführung schlank dimensionierter Betonbauteile, die mit ihrem leichten Erscheinungsbild die Vorstellungskraft von Architekten beflügeln. (Fernando Serapião)