Kapelle in Nanjing

© Yao Li
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Das Christentum stellt in China eine Minderheit dar; europäische Missionare, die im 19. Jahrhundert ins Land kamen, wurden mit aller Härte verfolgt. Dennoch blieb eine kleine Gruppe evangelischer Glaubensanhänger ihrer Religion treu – bis heute. Ihre Pfarrer bildet das Nanjing Union Theological Seminary aus, die wichtigste Institution seiner Art in China. Sie war auch Auftraggeber für die kleine Kapelle, in der nicht nur die angehenden Pfarrer beten, sondern in der auch Hochzeiten und Taufen stattfinden.

Die nur 200 m2 große Kapelle lehnt sich in ihrem Entwurf an Gestaltungsmerkmale historischer europäischer Kirchenbauten an: Deren Achsialität und Raumhöhen waren auch für diesen Entwurf von Bedeutung, allerdings in stark abgewandelter Form: So basiert der Grundriss des Kirchenraums auf einem zunächst ungerichteten Oktagon. Das im Schnitt V-förmige Dach erzeugt über Eingang und Altar enorme Raumhöhen und verleiht der Kapelle dadurch eine Richtung, betont durch den langen Lichtschlitz. Er durchschneidet den gesamten Kirchenraum und zeichnet scharfe Lichtmuster auf Wände und Boden.

Um den Zentralraum herum sind breite Korridore aus Holz angeordnet. Ein Gitter aus filigranen Holzprofilen umhüllt das komplette Gebäude und dient als visueller und räumlicher Filter, den der Gläubige erst durchschreiten muss, bevor er in den Kirchenraum gelangt.