Wettstetten war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ein Dorf mit etwas mehr als 800 Einwohnern und überwiegend landwirtschaftlicher Prägung. Das hat sich in den letzten 60 Jahren grundlegend geändert. Vor allem die Nähe zu dem stetig expandierenden Automobilwerk von Audi macht die Gemeinde zu einem nachgefragten Wohnort mit heute rund 5000 Einwohnern. Naturgemäß fand das Wachstum überwiegend an den Rändern statt; im Ortskern dagegen sind die dörflichen Strukturen erhalten geblieben.

Welche Funktion und Nutzung die Ortsmitte genau erfüllen sollte, erörterte der Gemeinderat in einer Klausurtagung, unterstützt durch das Architekturbüro Eberhard von Angerer, das auch den Architekturwettbewerb durchführte. Im Ergebnis wurde das Raumprogramm beschlossen: Neben den Räumlichkeiten für die Gemeindeverwaltung samt Sitzungssaal sollte es als Ergänzung zu der bestehenden Mehrzweckhalle einen kleineren Bürgersaal für kulturelle Veranstaltungen, Vereinsfeste und Ähnliches geben. Darüber hinaus bestand Raumbedarf für die ambulante Betreuung demenzkranker alter Personen und für eine Kinderkrippe, sodass eine Betreuungseinrichtung für Jung und Alt unter einem Dach anvisiert wurde – aus meiner Sicht eine Kombination, die wunderbar zusammenpasst. Als weitere Grundsätze wurden die städtebauliche Einbindung sowie ein Bezug auf die hier einst beheimatete Jura-Bauweise festgelegt.

Damit standen die Vorgaben für den Architekturwettbewerb fest, zu dem acht Büros aus der Region eingeladen wurden und zwölf weitere in einem offenen Bewerbungsverfahren ausgewählt wurden. Mit ihrem kleinteiligen Entwurf aus drei gleichwertigen Baukörpern hat das Architekturbüro Bembé Dellinger den Vorstellungen der Gemeinde am meisten entsprochen und wurde klar favorisiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern haben sich die Architekten erkennbar intensiv mit der Topografie und dem Zuschnitt der Grundstücksfläche aus­ein­andergesetzt wie auch mit der tradi­tio­nellen Bauweise vor Ort. Entstanden ist ein Gebäudeensemble, das sich feinfühlig in die bestehende Bebauung einfügt. Gleichzeitig betont die klare Formen- und Materialsprache den eigenständigen Charakter. (Hans Mödl)