Für den Neubau einer Louvre-Dependance im nordfranzösischen Lens wurde im Jahr 2005 ein internationaler Wettbewerb ausgelobt, den die japanischen Architekten Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa (SANAA) für sich entschieden. Bereits in diesem frühen Stadium arbeiteten die Architekten mit den Fachplanern für Tragwerks- und Fassadenplanung Bollinger + Grohmann Ingenieure zusammen. Im Gegensatz zum gängigen Wettbewerbsverfahren in Deutschland mit reinen Architekturwettbewerben ist es in Frankreich bei Projekten der öffentlichen Hand üblich, das gesamte Bauvorhaben als Teamwettbewerb auszuschreiben. Bereiche der zu erbringenden Planungsleistung sind Objekt-, Landschafts-, Licht-, Brandschutz- und haustechnische Planung, Ausstellungsgestaltung, Kostenschätzung, Klimadesign und schließlich die Fassadenplanung. Sie beinhaltet die fassadentechnische Beratung sowie die Tragwerksplanung sämtlicher Dach- und Fassadenunterkonstruktionen. Bereits in den frühen Planungsphasen wurde deutlich, dass der außergewöhnliche Entwurf von SANAA mit seinen flachen Baukörpern und der leicht geschwungenen ­Gebäudehülle höchste Anforderungen an die Ausbildung der Fassadendetails stellt. Eine weitere Herausforderung bei der Umsetzung war die Tatsache, dass im Wettbewerbsjahr in Frankreich eine neue Energieeinsparverordnung auf Basis der EU-Gebäuderichtlinie (Régulation Thermique 2005) eingeführt wurde und seit den 1990er-Jahren eine Nachhaltigkeitszertifizierung (HQE – Haute Qualité Environnementale) für alle öffentlichen Gebäude vorgeschrieben ist. ­Somit war es eine der Hauptaufgaben der Tragwerks- und Fassadenplaner, die Filigranität und Entmaterialisierung als architektonische Idee zu verstehen und zu antizipieren, um sie anschließend in einen europäischen Planungs- und Normenkontext übersetzen zu können und dabei die Identität des Entwurfs zu bewahren. (Daniel Pfanner, Manfred Grohmann)