Das National Theatre, 1976 nach den Plänen von Denys Lasdun an der Southbank vollendet, ist ein markanter Vertreter des Brutalismus. Seit jeher polarisiert der Sichtbetonbau, zählt er unter Londonern doch zu den zehn beliebtsten und den zehn gehasstesten Gebäuden. Mit seinen drei Sälen, dem Lyttelton, dem Olivier und dem Cottesloe Theatre, deren unterschiedlicher Bestuhlung, Größe und Bespielung, leistet das Haus einen maßgeblichen Beitrag zum kulturellen Leben. Weil das Theater aber heutigen Standards nicht mehr genügt, soll es für rund 70 Mio. Pfund modernisiert werden – bei laufendem Betrieb. Der Umbau des ­Cottesloe-Saals mit 300 Plätzen bildet den Anfang. Im Ersatzbau, der an der Nordseite an den Bestand andockt und 12 Monate stehen wird, findet experimentelles Theater statt. Die Architekten, die auch für den Gesamt­umbau verantwortlich sind, ent­wickelten eine einfache Stahlstruktur, die binnen zwei Wochen aufgestellt wurde und mit einer rot lasierten Holzverschalung ­bekleidet ist. Augenfällig sind die vier Lüftungstürme, deren Höhe exakt den Vor­gaben des HLS-Ingenieurs für die optimale natürliche Entlüftung entspricht. Die Türme, die Farbe, die horizontale Anordung der Schalungsbretter stehen im Dialog mit den Gestaltungselementen des Bestands. Die Innenraumgestaltung des neuen Saals ist pragmatisch: schwarz lasierte OSB-Platten, deren Holzmaserung durchschimmert, ein Systemgeländer aus Stahl, dessen Netzfüllungen mit Kabelbindern befestigt sind, die Bestuhlung aus dem Cottesloe-Saal. Zwar konnte die ursprüngliche Intention, den Bau zu demontieren, um ihn später an einem anderen Ort wieder aufzubauen, aus Kostengründen nicht realisiert werden. Die einzelnen Bauteile jedoch sind durch die konsequenten Schraub-und Klemmverbindungen für die Wiederverwendung geeignet.